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Auf ein Wort: Bestatten? Marcel Reimann, Reimann Bestattungen!

Aktualisiert: 27. Aug. 2020


Warum wird man Bestatter? Wie ist es, täglich mit dem Tod zu arbeiten? Marcel Reimann von Reimann Bestattungen schenkt einen Einblick in seine Arbeit und hat ein paar überraschende Antworten auf meine Fragen. Aber lest selbst:



Du wirst bestimmt oft gefragt, warum du Bestatter geworden bist. Was waren deine Gründe?

Lange war für mich nicht klar, dass ich Bestatter werde und unser Familienunternehmen übernehme. Bevor es dazu kam, habe ich studiert und mit dem lic.oec. HSG abgeschlossen. Und anschliessend habe ich für einige Jahre im Banking gearbeitet, war viel unterwegs und hatte spannende Aufgaben. In mir wuchs aber immer stärker der Wunsch, als Unternehmer selbstständig zu sein. Etwas zu bewirken. So kam es, dass wir die Nachfolge meines Vaters in der Familie regeln konnten.

Ich mache durch meine Arbeit einen Unterschied und erlebe meine Tätigkeit als sinnerfüllt. Das bringt mich direkt zum 2. Grund:


Wir sind ein Familienbetrieb. Mein Grossvater hatte eine Schreinerei und dazumal war der Schreiner häufig auch der Bestatter vor Ort. Das macht ja auch Sinn, schliesslich waren damals ausschliesslich Beerdigungen in Särgen üblich. Mein Vater hat den Betrieb weitergeführt, modernisiert und stetig weiterentwickelt. Nun ist mit mir die 3. Generation im Unternehmen tätig.

Bei uns zuhause waren und sind Sterben und Tod keine ungewöhnlichen Themen und ich bin ganz normal damit aufgewachsen. Mein Vater ist eine extrem fröhliche und gesellige Person und ich bin überzeugt davon, dass der Tod einem nicht aufs Gemüt schlägt. Davon ausgenommen sind natürlich die tragischen Todesfälle – die sind auch für uns Profis schlimm.

Mein 3. Grund ist ein sehr persönlicher: Die Menschen, für die wir arbeiten, die Angehörigen und Hinterbliebenen, bringen uns eine grosse Dankbarkeit entgegen. Wir erfahren eine ganz besondere Art von Anerkennung und Wertschätzung für unsere Tätigkeit. Das haben weder ich noch ein Teammitglied je bei einer anderen Tätigkeit so erfahren. Neben der hohen intrinsischen Motivation, die wir hier alle in uns tragen, ist das ist für uns eine wertvolle Bestätigung und motiviert uns sehr.


Wie reagieren Menschen, z.B bei einem ungezwungenen Apéro, auf deinen Beruf?

Das lässt sich ganz grob in 3 Reaktionen unterteilen.

1. Ich werde mit Fragen überhäuft. Da merkt man richtig, wie viele ungestellte Fragen es zu diesem Thema gibt.

2. Manche Menschen sind erstmal total überfordert, wechseln das Thema und gehen auf Distanz.

3. Und dann gibt es noch die Gleichgültigen.

Gibt es Sprüche oder Äusserungen, die du einfach nicht mehr hören kannst?

Ja, klar. Irgendwie hält sich ganz hartnäckig das Gerücht, wir würden Verstorbenen die Knochen brechen, um sie in den Sarg legen zu können. Das ist absoluter Blödsinn! Oder die Aussage, dass meine Branche nicht konjunkturabhängig ist, so nach dem Motto “gestorben wird immer“. Vielleicht kommen solche Aussagen auch wegen einer gewissen Überforderung zustande.


Wie kommst du mit den Emotionen klar, denen du täglich begegnest?

Ich kannte den Verstorbenen nicht, habe keine persönliche Beziehung aufgebaut und bin emotional nicht so involviert. Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen. Natürlich gibt es auch belastende Geschichten, aber eigentlich ist es doch so:

Jeder Todesfall ist traurig, aber nicht jeder ist tragisch. Oder umgekehrt formuliert:

Es wäre tragisch, wenn ein Todesfall nicht auch traurig wäre. Es ist doch eigentlich eine schöne Sache, wenn du ein Leben gelebt hast an dessen Ende Menschen stehen, die um dich trauern.


Was macht es mit dir, wenn du täglich mit dem Tod zu tun hast?

Ich habe mich schon von klein auf mit dem Tod auseinandergesetzt. Ich kann nicht sagen, dass es «etwas mit mir macht». Sicher nichts Negatives.

In meiner Arbeit liegen Lachen und Weinen nah beieinander, manchmal gleichzeitig. Ich nehme für eine kurze Zeit Teil am Leben des Verstorbenen und der Angehörigen. Es gibt so viele schöne und emotionale Momente in meinem Alltag, intime Momente der Erinnerung.


Ein paar ganz praktische Fragen an dich, die mir immer wieder gestellt werden:

Welche Bekleidung trägt ein Verstorbener Mensch?

Wie bei vielem steht die Frage danach im Zentrum: «Für wen mache ich das?» Für den Verstorbenen? Für die Angehörigen? Für eine grössere Öffentlichkeit?

Und so fallen dann auch die Entscheidungen aus. Die übliche Alltagskleidung kann passend sein, es gibt aber auch nach wie vor das Totenhemd. Wir achten darauf, dass der Mensch komplett gekleidet ist, mit Unterwäsche, Socken etc.

Es ist aber sinnvoll, auf ein paar technische Dinge zu achten:

1. Die Kleidung soll nicht zu eng geschnitten sein.

2. Je dunkler desto unproblematischer.


Gibt es die Praxis der Waschung noch? Wer verrichtet diese Arbeit?

Es ist weniger eine Waschung, sondern vielmehr ein frisch machen. Die Haare kämmen, das Gesicht abtupfen. Entweder wird das von den Angehörigen, dem Pflegepersonal oder von uns gemacht.


Du bist schon so lange mit dem Tod und den damit verbundenen Ritualen vertraut. Gibt es auch hier Trends?

Ja, ganz klar. Man kommt weg von gesellschaftlichen Erwartungen und standardisierten Abläufen. Das Individuelle rückt ganz stark in den Vordergrund. So einzigartig das Leben gelebt wird, so unverwechselbar soll auch die Bestattung und die Abdankungsfeier sein. Auch der konventionelle (kirchliche) Rahmen, wird immer weniger gewünscht. Dadurch, dass der bekannte Rahmen sich auflöst und die alten Bräuche und Rituale überholt sind entsteht auch eine Überforderung. Das führt dazu, dass man auf Filmszenen abstellt und die haben einfach wenig mit der Realität zu tun.

Allgemein stelle ich fest, dass die Bereitschaft mitzuhelfen bei der Pflege und dem Versorgen sinkt. Gleichzeitig steigt die Kostensensitivität.


Wie hat sich der Umgang mit dem Tod in der Gesellschaft gewandelt?

Das Sterben und die Bestattung werden immer privater und auch steriler. Tod, Sterben, Abschied nehmen – das sind gesellschaftliche Tabus und diese Tabuisierung hat eher zu- als abgenommen. Man könnte fast meinen, der Mensch sei unsterblich und der Tod die Ausnahme. Ich wünschte mir einen bewussteren Umgang und die Akzeptanz, dass der Tod zum Leben gehört, so wie die Geburt und alles dazwischen. Es ist ein ewiger Kreislauf. Etwas Altes vergeht, etwas Neues entsteht.

Mit diesem schönen Schlusswort schliesse ich das Gespräch und danke Marcel herzlich für den Einblick.


Du hast eine Frage? Schreibe sie einfach in die Kommentare oder schick mir eine Mail. Viele Antworten findest du auch auf meiner Website.

Mehr Infos zum Bestattungsunternehmen von Marcel Reimann findest du hier:

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